Mittwoch, 28. März 2012

Tot – was nun?



Die Waschung des Toten nach traditionellem Islam

Dieser Artikel befasst sich mit der Waschung des Toten, wie es im Islam ueblich ist. Es ist zu erwaehnen, dass die ganze Prozedur mit keinem Wort im Koran selbst erwaehnt ist. Alle Informationen dazu kann man nur den Zweitquellen des Islams entnehmen.
Allgemein, alles, was mit dem Tod und den Toten zu tun hat, ist nicht naeher erlauetert im Koran. Es bleibt den jeweiligen Kulturen ueberlassen, wie sie die Begraebnisvorbereitungen und das Begraebnis selbst durchfuehren. Je nach Land koennen die Praktiken ziemlich variieren.

Da auf die Waschung hier in Aegypten sehr wert gelegt wird, interessierte es mich , welche Regeln zu beachten sind. Nochmal, nicht obligatorisch hinsichtlich des Deens, wir finden keinerlei Beschreibung im Koran. Ich finde die gesamte Prozedur jedoch sehr interessant und moechte die Erfahrung mit allen teilen.

Eine Vorbemerkung ist noch zu machen. Die Toten sollen mit groesstem Respekt behandelt werden, Sie sind sehr sorgfaeltig zu waschen und es wird auf ihre Privatsphaere, ueber den Tod hinaus geachtet, indem niemand den Toten vollstaendig nackt sieht, auch diejenigen nicht, welche ihn waschen. Frauen waschen Frauen und Maenner waschen Maenner. Es ist nur im aeussersten Notfall gestattet, dass eine Frau ihren Ehemann und via versa waescht, dies nur, wenn gar niemand gefunden werden kann, der die Prozedur beherrscht.
Auch Kinder, falls sie wissen, wie man einen Toten waescht, koennen diese Arbeit ausfuehren. Im traditionellen Islam wird gesagt, dass ein Totenwaescher sehr viele Belohnung bekommt.

Vor dem Tod

Es ist ganz wichtig, dass der im Sterben liegende das Glaubensbekenntnis sagt, da eine Ueberlieferung sagt, wessen letzte Worte la ilaha illa lah seien, kaeme ins Paradies.(...)

Vorbereitungen

Die Leichentuecher sollten vor der Waschung vorbereitet werden, damit unnoetiger Zeitverlust und Herumsuchen etc .vermieden werden kann. Es werden drei Leichentuecher fuer Maenner benoetigt und fuenf fuer Frauen. Am besten weisse Tuecher nach Tradition, wenn jedoch keine vorhanden, dann koennen auch andere Farben gewaehlt werden.
Maenner: 2 grosse Tuecher, welche den gesamten Koerper verhuellen koennen
1 Tuch, aus welchem ein Totenhemd geschnitten wird

Frauen: 2 grosse Tuecher, welche den gesamten Koerper verhuellen koennen
1 Brusttuch, welches den hals bis zu den Unterschenkeln bedeckt
1 Tuch, aus welchem ein Totenhemd geschnitten wird.
1 Kopftuch

nicht obligatorisch, aber zusaetzlich empfohlen wird eine Stoffwindel, die dem Leichnam untergeschoben wird, im Falle, dass sich noch Reste im Darm befinden, damit die Tuecher nicht beschmutzt werden.

Die Tuecher werden vorbereitet, indem sie aufeinander gelegt werden, Dann wird das Hemd und die Stoffwindel in die Mitte gelegt und das ganze von beiden Seiten eingerollt und auf die Seite gelegt.

Erste Schritte

Wenn der Tote oder die Tote soeben verstorben ist, soll man seine Augen und seinen Mund schliessen, seine Muskeln lockern und ihn von seinen Kleidern befreien und sanft und ausgestreckt hinlegen. Der Unterkiefer ist vorteilsweise hinaufzufixieren, damit er nicht immer aufklappt und die Fuesse zusammenzubinden, damit der Tote sich nicht mehr als noetig entbloesst. Dann soll er oder sie auf die Liege oder den Tisch gelegt werden, auf dem er gewaschen werden soll. Aus Ruecksicht soll ein Tuch untergeschoben werden, (da man annimmt ,die Toten empfaenden noch Kaelte oder Hitze) . Dann wird zuerst der Darm entleert indem man sanft den Bauch stimuliert . All dies unter einer Decke, damit die Ehre des Toten gewahrt bleibt. Man soll mit Handschuhen hantieren bis dieser Bereich sauber ist.

Waschung

Die Handschuhe werden nun abgelegt und die Waschung fuers Gebet nachvollzogen, also man waescht zuerst die Haende , dann den Mund und die Nase, indem man sie mit einem Wattebausch reinigt, vorsicht, damit kein Wasser in die Augen oder Koerperoeffnungen laeuft, da jene einfach durchfliessen und wieder austreten. Dann beendet man den Wudu wie zu Lebzeiten. ( Arme bis zu den Ellbogen, Fuesse, Kopf ueberstreichen)
Danach wird der Leichnam mit Seife oder Shampoo, wie es der Verstorbene gewohnt war, gewaschen, zuerst rechts, dann links. Den Ruecken nicht zu vergessen. Einmal obligatorisch, dreimal ,fuenfmal oder siebenmal, je nach Verschmutzung, Verletzung, beispielsweise nach einem Unfall. Die Haare werden gewaschen und bei Frauen zu drei Zoepfen geflochten, aber nicht gekaemmt.
Von Vorteil sei es, bei der letzten Waschung Kampfer ins Wasser zu mischen, da dies desinfizierend, wohlriechend ist und Insekten und anderes Kriechtier fernhaelt.

Es werden dann die Stellen, die beim Niederwerfen, den Boden beruehrt haben, mit Kampfer abgerieben (Kinn, Nase, Stirn, Haende, Knie , Zehen). Dann wird der Leichnam sehr gut abgetrocknet und in sein Leichntuch gehuellt, indem man das vorher vorbereitete Buendel Tuecher ihm unterschiebt und ausfaltet. Jetzt kann das nasse Tuch durch das Hemd ersetzt werden. Bei den Frauen wird zuerst das Brusttuch daruntergeschoben, um ihre Scham zu schuetzen. Dann wird die Windel angelegt das Kopftuch aufgesetzt und dann die Leichentuecher eines nach dem anderen uebereinandergeschlagen. Oben und unten kann zugenaeht, oder auch nur zusammentgebunden werden. Die Faltstelle wird von oben bis unten zugenaeht, damit der Leichnam beim Transport nicht wegrutschen kann.
Damit ist die Waschung beendet

Beerdigungszeremonien

Der Leichnam wird in die Moschee getragen, wo das Totengebet fuer ihn gebetet wird. Dieses Gebet findet sich auch nicht im Koran und kann auch nur von den Zweitquellen entnommen werden. Wir finden im Koran jedoch den Hinweis, dass fuer den Toten gebetet werden kann, oder es ueblich war.
Ich glaube, dies steht auch ausser Frage, alle Voelker beten in der einen oder anderen Form fuer ihre Toten-wichtig ist nur, dass keine bestimmte Form vorgegeben ist.
(im traditonellen Islam wird das Totengebet wie folgt gebetet:
es wird im Stehen gebetet, es gibt keinen Sujud. Es enthaelt vier Takbirs, d.h. Allahu akbars. Nach dem ersten wird die Al Fatiha rezitiert, nach dem zweiten das Tashahud Gebet, nach dem dritten Bittgebete fuer den Verstorbenen und nach dem vierten Bittgebete und Segenswuensche fuer die gesamte Gemeinde. Die Bittgebete werden nicht vorgebetet, sondern von jedem einzelnden leise gesprochen. Abgeschlossen wird das Gebet mit Gruessen nach rechts und links wie ein normales Gebet.)

Danach sollten die Frauen nach Hause gehen. Es ist verboten fuer die Frauen oder zumindest sehr unanstaendig, die Maenner zum Grab zu begleiten. Die Maenner tragen in einem feierlichen Zug den Leichnam zum Grab, es wird gesagt, begleiten 40 Maenner den Zug, wird dem Verstorbenen vergeben und er kommt ins Paradies. (hat er die Shahada gesagt vor seinem Tod, sollte er sowieso ins Paradies kommen (...)). Der Leichnam wird begraben und man soll noch etwa eine halbe Stunde am Grab stehen und Bittgebete fuer den Verstorbenen beten, da nach Ueberlieferungen er in jener Zeit von den Engeln nach seinem Glauben befragt werde.

Trauerzeiten

Nachher geht man nach Hause und trauert im Normalfall 3 Tage, nur fuer den Ehepartner sind es vier Monate und 10 Tage.

Die Menschen hoeren drei Tage lang nur Koran und 'sitzen' in Trauer zusammen, zusammen mit Nachbarn und Familienmitgliedern Freunden und Bekannten. Manchmal wird ein Sheik angeheuert, der in eigens fuer diesen Zweck errichteten Zelten drei Tage lang den ganzen Koran rezitiert, im Glauben, dass dies dem Verstorbenen nuetze. Jedoch werden solche Praktiken auch vom traditionellen Islam strikte abgelehnt als Neuerung. Genauso wie das Koranrezitieren am Grab oder Grabbeigaben und vieles mehr.

Abschliessende Gedanken:

Aus koranischer Sicht ist das Erdendasein mit dem Tod abgeschlossen. Der Koran geht weder auf Waschung des Leichnams ein, noch auf spezifische Begraebniszeremonien oder Gebete. Sogar das Totengebet wird in seiner Form nicht fixiert.

Der Koran erwaehnt weder die Leichentuecher, noch die Waschung, noch die Befragung im Grab. All dies ist nur in den Zweitquellen enthalten.

Nach dem Koran ist ein Begraebnis individuell gestaltbar. Der Koran verbietet es auch den Frauen in keiner Weise, zum Begraebnis zu gehen.


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