Dienstag, 6. Dezember 2011

Abrogation ein falsches Dogma


Es gibt im Islam das Prinzip der Abrogation (Arabic: nasakh) Es wird behauptet, dass einige Verse des Korans andere aufheben, auslöschen oder durch andere Verse oder Prophetentraditionen (Ahadithe) ersetzt werden können. Dies ist ohne Zweifel eine der gefährlichsten, höchst bestreitbaren und nichtbeweisbaren Behauptungen, die gegen die göttliche Schrift Gottes gemacht werden kann.

Nicht nur, dass diese fantastische Behauptung dazu führt, dass ein menschlicher Autor sich befähigt fühlt, den Koran zu korrigieren, sondern es führt weiter dazu, dass das Original fröhlich verzerrt, korrigiert werden kann. Eine tiefere Analyse des Korans zeigt jedoch, dass diese Behauptung keinerlei Rückhalt in der heiligen Schrift selbst hat.

039:023 (Teil)
"Gott hat die Botschaft in Form eines Buches offenbart, in Teilen, in sich selbst genügsam, wiederholend (seine Lehren in verschiedensten Aspekten.)...

025.032
Und jene, welche ungläubig sind, sagen: Warum ist ihm der Koran nicht auf einmal offenbart worden? Damit wir dein Herz damit stärken, und wir haben ihn in richtiger Ordnung arrangiert (Arabic:rattalnahu tartilan)”

Der Satz ‘Rattalnahu tartilan’ zeigt klar, dass jene Behauptung der Abrogation - der Koran als ein unkomplettes veränderbaren Manuskript- abgelehnt werden muss. Im Gegenteil erklärt uns Gott hier seine Absicht,und sein Ziel der Offenbarung über einen Zeitraum: nicht um Gesagtes zu ersetzen, sondern zu vertiefen und zu erklären. Jedem Aspekt seines Buches gebührt derselbe Respekt und jeder Buchstabe seines Werkes ist wichtig im Zusammenhang. Die Schrift wurde mit Sorgfalt zu einem ganzen komponiert. Jedes Teilchen wurde benötigt, um das Kunstwerk in seiner heutigen Form darzulegen.

Was zu dieser Abrogationstheorie geführt hat, ist die Unfähigkeit früherer Korankommentatoren, gewisse Passagen zu verstehen. Neuere Gelehrte übernahmen oftmals einfach die Interpretationen und Traditionen, welche von früheren Koranauslegern (im Zusammenhang mit den Zweitquellen) vorgelegt wurden, ohne jegliche Kritik.
Wenn wir uns ein bisschen mit dem Problem befassen, wird schnell klar, dass sich auch die Gelehrten über die zu Abrogierenden Verse nicht einig sind. Vielmehr herrschen verschiedenste Meinungen nebeneinander, welche Verse von welchen ersetzt worden sein sollen...
Einige von den früheren Autoritäten wie Ibn Shihab al-Zuhri (d.741-2) behaupteten, dass es 42 Verse seien, die abrogiert worden seien. Im 11 Jahrhundert behaupteten Ibn Salama und al-Farisi schon, dass es über 200 Verse seien...Einige spätere Gelehrte wie Shah Wali Ullah(d. 1762), glaubten, dass die Nummer der Abrogationen im einstelligen Bereich seien. Die unlogische Natur der Abrogation erklärt uns, weshalb eine solch grosse Uneinigkeit unter den Gelehrten herrscht im Hinblick welche Verse und wie viele denn nun abrogiert worden seien.

Es gibt keine Passage des Korans, die nicht im Lichte einer anderen Passage erklärt werden kann. Wenn das Buch sorgfältig und mit Hingabe studiert wird, erklären sich die scheinbaren Widersprüche und lösen sich scheinbare Schwierigkeiten oder Gegensätze in Luft auf. Der Koran wurde extra offenbart für Menschen, die Herz und Verstand zusammen gebrauchen, um seinen tiefen Weisheiten auf den Grund zu kommen. Er erschliesst sich keinem oberflächlichen Leser.

Das Ziel dieses Artikels soll nicht sein, jeder falschen Behauptung nachzugehen, sondern vielmehr die Schwäche dieses Abrogationdogmas klarzulegen.


Ein missverstandener Vers

002.106
"Jeder Vers/ Botschaft/Zeichen (Arabic: ayatin) welches wir auslöschen/ abrogien, ersetzen wir durch ein besseres oder gleichwertiges. Wisst ihr nicht, dass Gott zu allem fähig ist?"

Der obenstehende Vers wird von den meisten Muslimen sofort angeführt, wenn sie darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Abrogation ein falsches Dogma sei. Auf den ersten Blick scheint er dieses Dogma tatsächlich zu untermauern. Studieren wir den Vers jedoch tiefer und lassen auch den Kontext nicht ausser Acht, wird schnell klar, dass dieser Vers im Umfeld eines Dialoges zwischen Juden und Christen steht.
Es wird schnell klar, dass das arabische Wort „Aya“, welches „Zeichen, Vers, Wunder, Offenbarung“ bedeuten kann, in diesem Fall ganz klar als Offenbarung übersetzt werden muss, da es auf vorherige Schriften hinweist. Es steht in keinem Zusammenhang mit dem Koran. Was zu dieser Missinterpetation führte ist zum einen die Nichtbeachtung des Kontextes und zum anderen die Restriktion des Wortes „Aya“ auf eine einzige Bedeutung.
Aya meint nicht nur ein Vers des Korans, sondern auch Zeichen, Marke, Botschaft, Wunder, Offenbarung, Beweis oder Kommunikation. Der Kontext ist der Schlüssel, um den Begriff richtig zu verstehen.

Ein einzelner Vers (Aya) des Korans kann nicht als Wunder angesehen werden, da einige kürzesten Aya des Korans nicht einzigartig sind, sondern so im alltäglichen arabischen Sprachgebrauch gefunden werden können. (55.3;69.1;74.4,75,8,80.28,81.26). Tatsächlich determiert der Koran das Minimum von „Wunderzeichen“ auf eine Sura (10.38) und die kleinste Sura enthält drei Verse (103,108,11o). So können also nur die Pluralformen des Wortes „Aya“ als Referenz zum Koran benutzt werden.

Die Abrogationstheorie wird vor allem durch die Zweitquellen des Islams gestützt und untermauert. So finden sich verschiedene Traditionen, welche erklären, dass zur Zeit des Propheten Muhammads- Frieden sei auf ihm- Leute wegen ausserehlichen Geschlechtverkehrs gesteinigt wurden. Es finden sich sogar Erzählungen, die behaupten, dass Affen Mitglieder ihrer Gemeinde (!!) gesteinigt haben sollen. Diese Erzählungen stehen ganz klar im Widerspruch zu 24.2, wo Gott die Strafe bei Ehebruch oder ausserehlichem Geschlechtsverkehr klar definiert. Nicht genug mit Erzählungen, es wurde und wird sogar behauptet, dass es früher ein „Steinigungsvers“ gegeben habe im Koran „as shaikhu wa as shaikhatu iza zanaya farjumuhuma nakalan bima kasabu...“ (den Ehebrecher und die Ehebrecherin steinigt sie für das ,was sie getan haben...),der jedoch von einer hungrigen Ziege nach dem Tode des Propheten gefressen worden sei.
Als Verteidigung solcher Behauptungen schreibt Ibn Qutayba in seinem berühmten Buch, „die angeblichen Widersprüche von Ahadithen“, dass die Ziege ein „heiliges“ Tier sei und dass wir Vertrauen haben sollen in die Power Gottes, der – gleich wie er die Ad und Thamud vernichtet hat- sehr wohl fähig sei, seine eigene Offenbarung durch eine Ziege vernichten zu lassen!!!


Einige Beispiele von „abrogierten“ scheinbaren Widersprüchen

[Die Leser sind dazu angehalten, die Übersetzung in verschiedenen Ausgaben nachzulesen)

Verteidigung/Töten von Ungläubigen

  • Wenn der oftmals rezitierte Vers 9:5 zusammen gelesen wird mit seinen vorausgehenden Versen, wird klar, dass er spezifisch auf ein bestehenden Konflikt hinweist und und speziell zu den Vertragsbrüchigen. Das Dogma- nur zu kämpfen zur Selbstverteidigung , wie es in 2:190-94,beschrieben ist,- wird dadurch nicht abrogiert.

Bestrafung von ausserehlichem Geschlechtsverkehr

  • Gleichermassen gibt es keinen Konflikt zwischen 4:15 and 24:2, welche mit offensichtlich total verschiedenen Aussagen agieren..
    4.15: Die Frauen, welche eine Abscheulichkeit begehen, sollt ihr vier Zeugen gegen sie von euch selbst bringen.Wenn sie bezeugt haben, dann sollt ihr sie in den Häusern festhalten, bis zum Tode oder bis Gott ihnen einen Ausweg schafft.
    Das Relativpronomen „allati“ bezieht sich auf Frauen, weist auf eine Gruppe organisierter Prostituierten hin, die durch ihre Praktiken eine gesundheitliche Gefährdung der Gesellschaft darstellen können.
    Hingegen ist spricht der Vers 4.16 von „allazani“ (Dualform maskulin), was klar auf zwei Männer hindeutet. (kann auch Frauen einschliessen, jedoch vom Kontext wird klar, dass es sich hier um eine Referenz zu Homosexualität handelt), wo es der Gesellschaft überlassen wird, die Betreffenden gemäss der Situation zu bestrafen, solange nicht die Gesellschaft in die Sünde involviert wird. Die Weiterführung von 4:16, „Wenn sie bereuen und sich bessern, sie allein zu lassen“ (Arabic: fa'in taba wa-aslaha fa-a'ridu anhuma) kann auch klar im Zusammenhang zu 4.15 gelesen werden, wo die Worte „ oder Gott zeigt ihnen einen Weg „ benutzt werden.
  • In 24.2 jedoch wird einfach auf eine persönliche Unmoralität zweier Personen aus beiden Geschlechtern hingewiesen und ihre Bestrafung, die ganz klar keine Todesstrafe ist. Ein Zusammenhang von „Gott zeigt ihnen einen Weg“ zu 24.2, als Basis einer neuen Gesetzführung (und Implizierung einer Abrogation von 4.15), ist eine unsachgemässe Annäherung, da sich die zwei Verse mit zwei völlig verschiedenen Sachverhalten auseinandersetzen.
Erschaffung der Menschheit

  • Die Behauptung, dass sich die Verse (96.2, 15.26,3.59,19-67.16-4) widersprächen, ist nach dem Studium dieser Verse ganz klar abzulehnen. Die Schöpfung kann nicht einfach auf ein „entweder oder“ reduziert werden. Gott spricht in verschiedenen Versen über verschiedenen Phasen der Erschaffung. Gleichermassen auch über verschiedene Stadien der Menschheit, sowie der Tierwelt. Die erste Erschaffung war nicht gleich wie die weiterführende Erschaffung, die nach dem genetischen Vererbungsprinzip- gemäss des universalen Gesetzes im Universum, bis ans Ende der Zeiten, abläuft. Die Erklärung in 21.30 steht also in keinerlei Widerspruch zu einer Aussage wie in 3.59 oder 15-26.

Keinen Zwang im Glauben

  • Die Aussage von 2.256, dass es keinen Zwang im Glauben geben solle und die Wahrheit sich klar abhebt vom Falschen, steht in keinem Widerspruch zu 9.3-5, wo auf eine bestimmte Situation hingewiesen wird.
  • In 2.256 erklärt Gott das allgemeine Gesetz der Religionsfreiheit, gültig für alle Zeiten und für die gesamte Menschheit, in 9.3 wird eine Ausnahme, welche zur Zeit des Propheten eingetroffen ist, erläuternd aufgeführt. Es geht dort um den Vertragsbruch und die dazugehörigen Bestimmungen.

Erste Muslime

  • Muhammad war der erste Muslim seiner Zeit (39.12), Moses der erste Gläubige in seiner Epoche (7.143). Gleichermassen war Abraham zu seiner Zeit der erste Muslim unter Götzendienern (2.132)
  • Wenn wir die Resultate der Olympischen Spiele über einen längeren Zeitraum verfolgen, werden wir feststellen, dass mehrere erste Plätze gibt- gleichermassen gab und gibt es zu jeder Zeit erste Gläubige, erste Muslime. Dies ist absolut kein Widerspruch und kein Grund, etwas abzurogieren.


Alkohol

  • Ein Beispiel, das immer wieder angeführt wird, um die Abrogation zu verteidigen, ist das (angebliche) Alkoholverbot im Koran. Ein genaueres Studium der Verse gibt uns ein klares Bild. Alkohol (Arabisch „chamr“, aus dem Stamm ch-m-r, was verdecken bedeutet) wird in fünf Versen erwähnt. (4.43,5.98,5.93,16.67,2.219), die sich nicht widersprechen, sondern in ihren Aussagen ergänzen.
  • Daneben finden wir das Wort im Zusammenhang mit den Freuden des Paradieses, wo die Leute mit Wein, der nicht trunken macht, beglückt werden sollen.(47.15,83.22-25). Wobei letztere nicht spezifisch das Wort chamr erwähnen.
  • Das einzige Mal, wo wir das Wort chamr in positivem Zusammenhang erwähnt finden, ist also 47.15 .Ein kurzes Nachdenken über den Vers lässt den scheinbaren Widerspruch hinfällig werden: im Jenseits werden ganz andere Gesetze und Zustände herrschen, als in der jetzigen Zeit und Raum. Die Realität, wie wir sie heute kennen mit ihren Naturgesetzen, wird abgelöst werden durch eine völlig neue Welt, in der nichts mehr so sein wird, wie wir es kennen. (7.43,15.47,21.102,41.43,2.112,5.69)
  • Der Koran gibt kein klares Verbot des Weinkonsums. Er lässt es jedem Individuum offen. Jedoch macht er klar, dass trotz medizinischer und möglicher sozialer Vorteile, die Nachteile des Alkoholskonsums ganz klar überwiegen. Dies wird ja wohl nicht zu bestreiten sein. Sein Konsum führt zum Verlust der Urteilsfähigkeit und führt zu weiten Problemen, nicht nur für das Individuum selbst, auch für die Gesellschaft.
Islam als einziges System

      3.85 wird oft rezitiert, um die Behauptung zu untermauern, dass nur (heutige) Muslime ins Paradies kämen und alle anderen- inkl. Christen und Juden zu ewigem Höllenfeuer verdammt würden.
      Angeblich herrscht ein Widerspruch zu 2,62 ,5.69. Wenn wir jedoch „islam“ richtig verstehen und ihn nicht auf das Aussprechen gewisser „magischer“ Worte beschränken, lösen sich auch diese scheinbaren Widersprüche in Luft auf.
      In jedem (menschgemachten) System gibt und gab es zu allen Zeiten echte Gläubige, die Gott erkannt haben und nach seinen Gesetzen lebten. (siehe den Artikel Göttliches Gesetz).
      weder 3:85 noch 9:33 abrogieren Verse, welche sich auf Christen oder Juden (Leute des Buches)beziehen und ihnen eine Belohnung ihrer Taten verspricht.
      Alle Propheten, inklusive Moses und Jesus- Friede sei auf ihnen – waren inspiriert mit demselben „Deen“ des Islams wie Prophet Muhammad- Friede sei auf ihm. Ihnen etwas anderes zu unterstellen, ist nicht haltbar von einer Koranischen Perspektive aus. 042:013 "Er hat für dich die gleiche Religion bestimmt, die er für Noah bestimmt hat und wir sandten dir dieselbe Inspiration, welche wir zu Abraham, Moses und Jesus gesandt haben.Nämlich, die Religion aufrechtzuerhalten und sich darin nicht zu spalten.Jene, welche anderen Dingen dienen als Gott, für diejenigen ist der Weg, zu dem du rufst, hart. Gott wählt für sich selbst, wem ihm gefällt. Und er leitet zu ihm, wer sich ihm zuwendet."


Es gibt viele angebliche abrogierte Verse. Es sollte jedoch nach dieser kurzen Untersuchung klar sein, dass eine solche Praxis nichts mit einer intelligenten Auslegung des Korans zu tun hat!

Schlussfolgerungen

Von der Koranischen Perspektive ist das Dogma, dass einige Verse des Buches von anderen abrogiert wurden, eine unglaubwürdige falsche Unterstellung.

·Von der Koranischen Perspektive (das heisst, ohne die erste Quelle und historisch klarste Quelle, nämlich den Koran in Frage zu stellen) ist die Position, dass ältere Kopien von den Gefährten des Propheten zusammengestellt und gesammelt wurden, unglaubwürdig.

·Wenn wir den Koran und seine Aussagen als genügend und perfekt anschauen und seiner Aussage glauben, werden alle Debatten, ob sie nun Bezug nehmen auf die Zusammenstellung durch die Kaliphen oder das Verbrennen oder gefressenwerden bestimmter Verse oder die politischen Motive derselben, haltlos und überflüssig.



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