Religiöse Schriften bleiben das Fundament von jedem religiösen Denken oder Glauben. Hier soll nicht diskutiert werden, ob die Lehren mit den Schriften übereinstimmen oder nicht. Hier soll nur die Aufmerksamkeit darauf gelenkt werden, dass diese religiösen Schriften oftmals das Zentrum extremer Verehrung werden, die bestimmte Rituale erfordern, wie beispielsweise die rituelle Waschung oder sie werden als so hocherhaben angeschaut, dass sie nur von Gelehrten gelesen werden können...
Dieses Konzept der Schriftverehrung ist nicht nur sichtbar im Islam. Vielmehr kann man es durch die Geschichte immer wieder verfolgen, bei verschiedensten Schriften und ihren Anhängern.
Eine solche Verehrung ist eine der ersten Schritte, um den Kontakt mit der überlieferten Botschaft zu verlieren , sich als dunkel und nichtwürdig zu erachten, die „heilige Schrift“ zu lesen und so die Verantwortung des Studiums der Schriften an „gereinigte“ Kleriker abzugeben. Diesen wird dann das volle Recht zugesprochen, die Schrift zu berühren, zu studieren und zu interpretieren. Der normale Sterbliche hat dann den Ausführungen der „Erhellten“ zu folgen, dies meistens blind und voller Vertrauen in die Unfehlbarkeit der Gelehrten.
In extremen Fällen kann dies soweit führen, dass der Dialog (die Offenbarung) nur zu bestimmten Zeiten, in Ritualen oder Zelebrationen verwendet wird.
Wir sehen, dass im Koran dieselbe Situation dargestellt wird, im Hinblick auf die Kinder Israels
006:091
"Die Widersacher haben Gott nicht so verstanden und so geehrt, wie es Ihm gebührt. Sie sagen: "Gott sendet keinem Menschen etwas herab." Sprich: "Wer hat das Buch herabgesandt, das Moses verkündete und den Menschen Licht und Rechtleitung brachte? Ihr (Juden) schreibt es auf lose Blätter, von denen ihr einige zeigt und viele verborgen haltet; und euch wurde gelehrt, was weder ihr wußtet noch eure Väter wußten. " Sage: "Gott ist es, Der das Buch, die Thora, herabgesandt hat", und laß sie ihr Spiel auf ihren Irrwegen treiben.
Vom oberen Vers wird ersichtlich, dass die aufgeschriebene Schrift immer in den Haenden von bestimmten ausgewaehlten Priestern gewesen ist. Jedoch wird auch klar, dass genau jene Priester dieses oftmals benutzt haben, um die Lehren, welche verbreitet wurden, zu kontrollieren bzw. zu manipulieren.
Die Schrift und ihre Botschaft sollte eine lebendige Quelle von immerwährender Rechtleitung sein. Sie sollte für alle zugänglich sein, frei, geprüft und studiert und darüber nachgedacht von der gesamten Menschheit. Ganz sicher sollte ihr immer der gebührende Respekt zukommen. Das primäre Ziel einer Schrift war jedoch immer die Rechtleitung und nicht die Verehrung.
In diesem Zusammenhang ist wichtig zu sehen, dass sogar Prophet Moses – Friede auf ihm – die Tafel mit den Offenbarungen der Gebote Gottes auf den Boden warf im Zorn, jene Tafeln in welche Gott selbst seine Offenbarung eingeschrieben hatte, weil sein Volk in seiner Abwesenheit sich von Gott abgewandt hatten und zum Goetzendienst zurückgekehrt waren.Moses war nicht interessiert daran, dass die Tafeln verehrt wurden, sondern es ging ihm um die grundlagende Lehren derselben.
007:150
“Als Moses zornig und bekümmert zu seinem Volk zurückkam, sprach er: "Wie übel habt ihr mich vertreten, nachdem ich fortgegangen war! Seid ihr so in Eile gewesen, daß ihr Gottes Befehl gemäß nicht warten konntet?" Er warf die Tafeln hin, packte seinen Bruder am Schopf und zerrte ihn zu sich her. Aaron sprach: "Sohn meiner Mutter! Das Volk übermannte mich und hätte mich fast getötet. Laß die Feinde nicht schadenfroh über mich sein und ordne mich nicht den Ungerechten zu!"
Diese Geschichte wird auch vom AT bestätigt:
Exodus 32:19
"Als er aber nahe zum Lager kam und das Kalb und den Reigen sah, ergrimmte er mit Zorn und warf die Tafeln aus seiner Hand und zerbrach sie unten am Berge 20und nahm das Kalb, das sie gemacht hatten, und zerschmelzte es mit Feuer und zermalmte es zu Pulver und stäubte es aufs Wasser und gab's den Kindern Israel zu trinken . Übersetzung Luther
Abschliessende Gedanken
Auch der Koran in seiner schriftlichen Form ist ein lebendes, „atmendes“ Dokument, welches anwendbar ist für alle Gesellschaften und Zeiten. Wenn er nicht gebraucht wird, schläft seine Botschaft ein und kann von wenigen „ausgewählten“ Menschen beliebig interpretiert werden.
Der Koran enthält fundamentale Lehren für die Gesellschaft und spirituelle Weisheiten für alle Menschen, nicht nur für gewisse Menschen, welche sich Araber nennen und im 7.Jahrhundert gelebt haben...
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