Fuer diejenigen Leser, welche nicht den ganzen Artikel lesen wollen, heisst die simple Antwort: nein
Dass man eine komplette Waschung machen sollte oder sich in einem „sauberen“ Zustand befinden muss, um den Koran anzufassen, wurde zu einem weitverbreiteten Glauben unter den Muslimen. Der folgende Vers wurde völlig missinterpretiert und er ist die Ursache und dient als Beweis für dieses Konzept.
056.77-79
“Es ist ein segensreicher Koran in einem wohlaufbewahrten Buch. Ihn dürfen nur die Reinen berühren ”
Um auf die Antwort zu kommen, gibt es zwei verschiedene Erklärungen. Ich werde beide Erklärungsversuche hier präsentieren, damit sich der Leser ein komplettes Bild dazu machen kann.
Leider werden oft die Versuche, den Vers auf den Koran bezogen zu verstehen nicht sehr geschätzt und es wird einfach die allgemeine Meinung übernommen, ohne diese zu hinterfragen. Aber auch wenn man den Vers nicht Wort für Wort analysiert, ergibt sich aus der Übersetzung, dass dieser Vers kein Gebot oder ein Befehl, sondern vielmehr die Feststellung einer Tatsache ist.
Wäre dieser Vers ein Hinweis auf den Koran und wörtlich zu verstehen, dann könnte dies leicht „getestet“ werden, durch die Übergabe des Koran an jemanden, der als „unrein“ deklariert wurde. Das stellt sich als Nächstes die Frage, was Unrein denn genau bedeutet. Je nach Definition dieses Begriffes wird der Fragende zu komplett verschiedenen Ergebnissen kommen. Es wird deutlich, dass diese Interpretation des Verses fehlerhaft ist.
Nun also zu den zwei Erklärungsversuchen.
1. Fassen oder Erfassen
Quellentext:www.hanif.de
Man lehrte uns seit unserer Kindheit, Gottes Buch mit Sorgfalt zu behandeln und niemals diese Blätter anzufassen, außer nach dem wir die Ritualwaschung vollzogen haben. Unsere Religionslehrer gaben als Hinweis für diese Regel Vers 56:79 an, in dem stehen soll, dass nur gereinigte Personen das Buch anfassen dürfen. Und genau nach dieser Regel haben die Übersetzer des Koran diesen Vers wiedergegeben, ohne genauer im Kontext des Koran zu überlegen:
Khoury das nur die berühren dürfen, die rein gemacht
worden sind;
worden sind;
Azhar Ihn dürfen nur die Reinen berühren
Ahmadyyah Keiner kann es berühren, außer den Gereinigten -
Rasul Keiner kann sie berühren, außer den Reinen.
Paret die nur von Reinen berührt wird,
Bubenheim das nur diejenigen berühren (dürfen), die
vollkommen gereinigt sind;
vollkommen gereinigt sind;
Es ist sicher eine gute Lehre, bei der wir gelernt haben, Respekt vor Gottes Buch zu zeigen, doch gewisse Ängste haben sich in uns dadurch entwickelt, dass wir vor dem Blatt an sich Respekt haben und weniger vor dem Inhalt der heiligen Schrift. Hier möchten wir auch betonen, dass Sorgfalt und Respekt allen Büchern gilt, die von Wissen handeln. Bücher im Allgemeinen sind eine gute Stütze für uns auf dem Weg zur Wahrheit und deshalb sollen sie gepflegt und sauber gehalten werden. Nur bei Vers 56:79 glauben wir, dass es sich um eine andere Sache handelt als das, was behauptet wird.
لا يمسه إلا المطهرون
So wie es scheint unterscheiden viele nicht zwischen den beiden Begriffen مس [MaSa] und لمس [LaMaSa], die, wie in anderen Sprachen der Fall ist, leicht zu verwechseln sind. Denn in beiden Fällen geht es um etwas zu (be-)greifen oder (er-, an-)fassen:
Das Wort لمس [LaMaSa] haben wir in 5 Versen gefunden, dabei handelt es sich um eine materielle Berührung einer Sache oder anderer Personen:
6:7 Wenn Wir dir auch eine Schrift auf einem Blatt Papier herabgesandt hätten, welche sie mit Händen angefaßt (faLaMasouHo) hätten, die Ungläubigen hätten selbst dann gesagt: Das ist nichts als offenkundige Zauberei.
Dagegen hat das Wort مس [MaSa], die in 61 Versen zu finden ist, eine weite Palette an Bedeutungen:
2:275 Diejenigen, die Zinsen verschlingen, sollen nicht anders dastehen als wie einer, der vom Satan erfaßt [Al-Mass] und zum Wahnsinn getrieben wird. Dies (soll so sein,) weil sie sagen: Handel ist dasselbe wie Zinsnehmen. Doch Allah hat den Handel erlaubt und das Zinsnehmen verboten. Und wenn zu jemandem eine Ermahnung von seinem Herrn kommt und er dann aufhört – dem soll verbleiben, was bereits geschehen ist. Und seine Sache ist bei Allah. Wer es aber von neuem tut – die werden Bewohner des Feuers sein, darin werden sie ewig bleiben.
3:174 Sie kehrten mit Gnade und Huld von Gott zurück, nichts Böses berührte sie [yaMSaSHoM], und sie folgten dem Wohlgefallen Gottes. Und Gott besitzt große Huld.
11:10 Und wenn Wir ihn nach einem Leid, das ihn erfaßt hat [MaSaTHo], Angenehmes kosten lassen, sagt er gewiß: »Das Übel ist von mir gewichen.« Und er ist froh und prahlerisch,
Die zweite Sache, die von den Übersetzern richtig wiedergegeben wurde, ist, dass das Buch von denen berührt wird, die GEREINIGT WORDEN SIND und nicht von denen, die sich gereinigt haben. Und genau hier liegt der Unterschied zu dem, was von den Gelehrten der islamischen Schulen interpretiert wird. Um Misverständnisse auszuschießen wollen wir zeigen, dass der Koran einen Unterschied machte zwischen denen, die sich selbst reinigen und denen, die gereinigt werden:
Sich selbst reinigen
9:108 Stell dich niemals in ihr zum Gebet hin. Eine Moschee, die vom ersten Tag an auf die Gottesfurcht gegründet worden ist, hat eher darauf Anspruch, daß du dich in ihr hinstellst. In ihr sind Männer, die es lieben, sich zu reinigen. Und Gott liebt die, die sich reinigen
Gereinigte
3:55 Als Gott sprach: »O Jesus, Ich werde dich abberufen und zu Mir erheben und dich von denen, die ungläubig sind, reinigen[MoTaHeRoKa]. Und Ich werde diejenigen, die dir folgen, über die, die ungläubig sind, stellen bis zum Tag der Auferstehung. Dann wird zu Mir eure Rückkehr sein, und Ich werde zwischen euch über das urteilen, worüber ihr uneins waret.
Man sieht in Vers 3:55, dass die Reinigung nicht unbedingt mit materiellen Dingen zu tun hat, sondern vielmehr geht es um das Freisein von negativen Eigenschaften, die sich durch den Kontakt mit Ungläubigen aneignet.
Unser Vorschlag für die Übersetzung von Vers 56:79 wäre nach unserer Meinung wie folgt richtiger:
لا يمسه إلا المطهرون
56:79 Niemand erfasst ihn außer den Gereinigten
56:79 Niemand erfasst ihn außer den Gereinigten
2. Quran ist nicht gleich Umm al Kitab
Quellentext: www.quransmessage.com ( freie Übersetzung aus dem englischen von mir)
Um den Vers in seiner Gesamtheit zu verstehen müssen wir alle Verse, die sich mit diesem Thema im weitesten Sinne auseinandersetzen aus dem Koran zusammentragen.
Als erstes muss anerkannt werden, dass der Koran als erstes eine mündliche Offenbarung darstellt, überbracht durch einen Gesandten (Gabriel) durch eine Inspiration Gottes zu einem Prophet (Muhammad. Friede sei auf ihm) Es wurde nicht als buch oder Text offenbart.
Wenn wir den Koran unter dem Aspekt der Offenbarun betrachten, dann ist er in erster Linie eine mündliche Offenbarung. Der Name „Quran“ als etwas Rezitiertes weist auch deutlich darauf hin.
Noble Schreiber transformierten diese mündliche Offenbarung zu einem Text , dies ist ohne Zweifel und wird bestätigt vom Koran selbst. (80.13-16). Allerdings blieb das fundament der Übertragung immer oral und wurde mündlich weiterverbreitet durch das komplette Auswendiglernen des gesamten Korans. Die Fixierung des Textes daneben und seine Zusammenstellung zu einem einheitlichen Buch (welches der vierte Kalif Othman anordnete)sichertet die Offenbarung.
Was ist das Umm al Kitab ( die Mutter der Bücher) – die Meister Tafel oder wohlbewahrte Tafel_?
Über dieses Thema herrscht oftmals ein riesiges Durcheinander. Die Meistertafel oder wohlbewahrte Tafel ist die UMM al KITAB Die Mutter der Bücher, welche sich in Gottes Gegenwart befindet. Dies ist die originale Quelle und das fundament aller Offenbarungen und Schriften, die Gott herabgesendet hat, inklusive des Korans.
013.039
“Gott löscht aus, was er will und bestätigt, was ihm gefällt, bei ihm ist die Mutter des Buches (Arabisch Umm al Kitab)”
043.002-4
“Beim Buch, welches Dinge klarmacht. Wahrlich, wir haben den Koran in Arabisch gemacht, damit ihr ihn verstehen könnt. Und wahrlich, er ist in der Mutter des Buches (Arabisch: Umm-ul-Kitab) (enthalten) welches in unserer Gegenwart (Arabisch: Ladayna)ist, hocherhaben voller Weisheit.”
Dieses Umm al Kitab ist die Quelle in der Gegenwart Gottes und ist auch bezeichnet als ‘Luh-e-Mahfuz’ (wohlbewahrte Tafel). Dieses ist es, welches der Koran behauptet, welches voll beschützt und behütet wird.
085:021-22
“Dies ist der erhabene Quran, in einer wohlbewahrten Tafel,(Arabisch: Luh-e-Mahfuz)”
Es wird absolut klar nach der Betrachtung dieser Verse, dass eine separate Quelle existiert, welche bei Gott allein ist, eine Meisterquelle, welche niemals korrupiert werden kann und welche beschützt wird. Alle Botschaften und Schriften wurden aus dieser Tafel entnommen und sie ist die Quelle für die Lehren und Weisheiten, welche die Gesandten Gottes verbreitet haben.
Zurück zum Vers - 56.77-79
056.77-79
“Es ist ein segensreicher Koran in einem wohlaufbewahrten Buch. Ihn dürfen nur die Reinen berühren ”
Wenn wir nun den Vers genau anschauen, wird uns klar, dass sich der Bezug auf „das wohlbewahrte Buch“ eine Referenz ist für die Quelle bei Gott, d.h. Für die Umm al Kitab (Mother Book 13.39; 43.2-4);(Guarded Tablet 85.21-22), welches die ultimative Quelle ist, welche bei Gott ist und niemals korruptiert werden kann. Diesem Umm al Kitab duerfen sich nur die Reinen, wei beispielsweis Gabriel naehern. Die Reinen ist hier ein Hinweis auf die Engel, von denen gesagt wird, dass sie Gott Tag und Nacht dienen und niemals müde werden. Der Vers bezieht sich nicht auf den Quran, welcher sich hier auf der Erde befindet.
Was ist denn nun mit dem Schutz des Korans?
Diese Frage wird offensichtlich und notwendig nach den obenstehenden Erklärungen.
Der einzige Schutz in Hinblick auf den Koran selbst, ist der Schutz für seine Erinnerung „Zikr“. 'Zikr' in Arabisch meint sich zu erinnern, zusammenzustellen, etwas im Gedächtnis zu behalten.
015.009
“Ganz sicher haben wir die Erinnerung (arabisch Zikr) herabgesandt und wir werden ganz sicher ihr Beschützer sein (arabisch hafizun) ”
Der Koran wurde seit seiner Offenbarung bis heute immer im Gedächtnis von vielen Menschen bewahrt, indem sie ihn Wort für Wort auswendig lernten und dies kann bewiesen und verglichen werden mit irgend einem aufgeschriebenen Koran oder Koranmanuskript , egal welchen Alters, welche immer die mündliche Überlieferung bestätigt haben. Sogar die frühesten Manuskripte reflektieren die mündliche Überlieferung, welche wir heute besitzen, ohne Veränderung im Kontext, seiner Aussage oder Botschaft. Es gibt keinerlei Zweifel hinsichtlich des Inhaltes des Korans und mancher Muslim – von wo er aus stammen mag- wird den gesamten Koran aus seinem Gedächtnis zu rezitieren wissen.
Es gibt sicher manche Verschiedenheiten in den Überlieferungen der Hafs und Warsch Versionen oder auch innerhalb der koranischen Handschriften in Gelehrtenkreisen sowie in der breiten Masse.
Diese textlichen Unterschiede haben jedoch keinerlei Bedeutung, was die Botschaft des Korans angeht. Im Hinblick auf seine Studie der zwei Überlieferungsarten von Hafs und Warsch, erklärt Dr. Adrian Brockett (York St John University > Faculty of Education and Theology ):
Diese textlichen Unterschiede haben jedoch keinerlei Bedeutung, was die Botschaft des Korans angeht. Im Hinblick auf seine Studie der zwei Überlieferungsarten von Hafs und Warsch, erklärt Dr. Adrian Brockett (York St John University > Faculty of Education and Theology ):
"The simple fact is that none of the differences listed in Chapters 9 and 10 has any great effect on the meaning. Many are differences with no effect on the meaning at all, and the rest are differences with affect on the meaning of the immediate context, but without any significant, wider effect on Muslim thought" [1]
[1] Adrian Brockett, "The Value of Hafs And Warsh Transmissions For The Textual History Of The Qur'an" in Andrew Rippin's (Ed.), Approaches of The History of Interpretation of The Qur'an, 1988, Clarendon Press, Oxford,
Der Koran wurde niemals als Quellentext , d.h. Schriftlich , offenbart. Vielmehr war seine Offenbarung mündlicher Natur. So ist jedes Quranische Manuskript nur hilfreich im Sinne einer Bestätigung der mündlichen Überlieferung, nicht via versa. Ein fehlerhaftes Mansukript, schriftliche Fehler oder ein Druckfehler haben absolut keinerlei Auswirkung auf den Koran, so wie er heute rezitiert wird.
Ohne Zweifel haben beide, die mündliche und die schriftliche Überlieferung eine wichtige Rolle gespielt, hinsichtlich des Schutzes des Korans. Dies ist auch verbürgt im folgenden Vers, welcher die Erinnerung in mündlicher Form (Zikr) vom Koran als Buch oder in seiner schriftlichen Form aufzeigt, um auf eine Koexistenz der zwei Überlieferungsarten hinzuweisen.
036:069
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